Holunder, Holunder, die Welt wird immer runder

Von wegen! Wenn golden, ist die Kugel ein perfektes Design mit der schöne Prinze(n)ss*innen gerne spielen. Macht ist kostbar und wird ungern geteilt. Doch auch das Spiel hat seine Tücken, zu schnell wird aus Spiel bitterer Ernst und Versprechen, die man einst mal gab, sehen in der grauen Stunde des Morgens gar nicht mehr so nach Leichtigkeit aus. So mancher Traumprinz wird im grellen Tageslicht der Realität zum garstigen Frosch. Ich finde immer noch keine angemessenen Worte für die Schrecken, die ein verzogener und eitler Frosch im Nachbarland anrichtet. Dachte er doch, die Welt sei seine Kugel, mit der er spielen darf. In meiner Version verwandelt sich der Wasserball in eine Tonne Schwermetall. Ein bisschen fiel die schwere goldene Welt-Kugel ihm auf den Fuß, ich hoffe, er wird unelegant aus selbiger hüpfen oder gehüpft werden. Auch Scheitern muss erlernt werden, wer nicht scheitern kann, wird das Gegenteil nie erkennen. Das Bild der Mächtigen, die sich am Tisch der Welt selbstbewusst bedienen, während die allermeisten leer ausgehen oder sogar ihres Anteils beraubt werden, ist oft gemalt worden. Die Kugel, auf der wir wandeln, obwohl sie eigentlich allen gewidmet ist, scheint doch nicht ausgewogen. So fällt sie ab und an beim Spiel in den Brunnen, gleich neben das Kind, das auch in den Brunnen fiel, als man es mit dem Bade ausschüttete.

Die Frösche, die einem den Kram wieder hochbringen, haben immer Bedingungen, eine eigene Agenda und handeln selten selbstlos. Da muss frau schon mal mit einem Frosch in die Kiste springen, wenn sie weiter mit ihrem Lieblingsspielzeug spielen möchte, Versprechen müssen gehalten werden, Essen, Wein und Bett und Macht müssen plötzlich mit kalten Amphibien geteilt werden. Egal wie sehr es schöne Damen graust, der Frosch im Bett ist besser als die Fliege an der Wand des Arbeitsamts, oder so. Wer friert schon gern, während er für den Weltfrieden das Gaspedal nur noch halb so oft durchtritt? Drahtesel statt Pershing und rechte Spur statt Unrechtskrieg. Einstige Friedenstauben erkennen, dass sich in „Pazifist“ durchaus eine Faust versteckt, dass alles, was wir seit 1968 im Stuhlkreis besprochen hatten, mitsamt Kind und Kugel in den Brunnen gefallen ist – wir können nicht zugeben, dass wir schlicht keine Ahnung hatten. Konnt’ ja keiner ahnen, dass sich mancher Vollhonk nicht an Arbeitskreisabsprachen hält. He, unfair! Ja, Johannes- Maximilian und Annika- Viktualia, da seht ihr mal, wie der Vladi aus dem Problemviertel euch einen großen Haufen in die Aufräumzeit setzt und dem kleineren I-Kind mit dem pädagogisch wertvollen Jahreskreis einen auf die Zwölf gibt. Da ist man grade mit dem TikTok-Wimpern- Tutorial echt beschäftigt und zeitgleich mit dem Verstehen des „Anderen“ und der bunt ausgewürfelten, jetzt nur die südlichen Stadtviertel betreffenden Corona-Regeln, und zeitgleich fragte noch die neue Regierung: Also WAS ist jetzt Trumpf?“, dann legt da einer einfach: ZACK! den Buben auf die Dame. Und so eiert unsere eigentlich perfekt designte Kugel durch den Zeitenraum, weil sie „Mensch hat“, und Frösche tauchen in die schwarzen, öligen Tiefen der Brunnenschächte und suchen nach verlorengegangener Macht, Gas und Glaubwürdigkeit. Das Spiel der Mächtigen ist nicht immer würdevoll. Darauf einen kleinen Feigling. Wie bitte? Hoffnung? Hoffnung macht, dass die Liebe vielleicht doch immer stärker sein wird. Seit fast vier Wochen spielt meine Tochter jetzt mit einem kleinen ukrainischen Mädchen, das mit ihrer Mutter und ihrer Schwester bei uns untergekommen ist. Hier werden Freundschaften für ein ganzes Leben geschlossen. Frauen und Kinder zuerst, vielleicht folgt der Rest ja von allein. Manch seltener Frosch hat, bei richtiger Behandlung, durchaus Prinzenpotenzial. Aber mal was anderes: Kennen Sie Schnipp-Schnapp? (References: „Der Froschkönig oder der eiserne Heinrich“, „Petting statt Pershing“, „The Crown“, Loriot: Das Skatspiel)

Erschienen in:
ICON 3/2022