When we were One

Die Idee, eine dünne Jacke anzuziehen, weil man denkt, dass es jetzt gefälligst warm ist, weil der Winter doch schon ausgeröchelt hat und der Frühling - ach was sag ich? - Sommer längst da ist. Pustekuchen. Da steht man nun bibberich in der kalten frühlingsfernen Schneeluft und wünscht sich den Glühwein in die kälte-rauhe Hand. Ungeduld ist noch nie tugendhaft gewesen und wird bestraft. Das Hier und Jetzt soll man genießen. Ganz hier sein und nicht immer da sein wollen, sagt auch meine Yogalehrerin, mit der ich allwöchentlich nicht Yoga mache und dafür ganz viel drüber spreche, wie falsch alle Anderen Yoga machen, die Yoga machen. Neulich, als sie mich durch eine Stuhllehne geflochten hat, weil sie mir ein paar Alltagsübungen zeigen wollte, da habe ich sie gefragt, ob wir, irgendwann einmal, ganz normales Yoga machen können. Da hat sie mich daran erinnert, dass man IMMER im Hier sein sollte. Hier, sagte ich ihr, hier tut´s aber echt weh. Und so iss es grade. Hier tut´s grade weh. Ich möchte da sein. Da, wo der Sommer scheint und die Sonne weht. Fernweh ist schlimmer als Heimweh, weil @heim ist man ja dauernd und ständig nach wie vor.
Aber ist das nicht undankbar? Ja sicher! Aber waren nicht schon Adam und Eva total nicht im Hier und Jetzt, sondern wollten auch damals schon, IM Paradies lebend, lieber da sein? Da, wo der Baum die dickeren Früchte trägt, da wo die krassere Erkenntnis winkte, da wo Fuchs und Hase sich spinnefeind waren. Es winkte Freiheit und die Zigarette danach, es winkte die Sünde und die Überwindung der Unschuld, die Eitelkeit und die Planwirtschaft. Da hatte Gott sich verausgabt, gebaggert und gebunkert, geschrubbt und gemeißelt, hatte gebastelt und designt, was die Schöpfung so hergab, und was tat seine Krone der Selbigen? Die EINE Regel, die es zu befolgen gab, brechen. Jesus Christ! Einer Versprechung wegen, dass dann alles NOCH BESSER würde. IM PARADIES! Wie gut die Schlange doch die wahre Natur des Menschen kannte. Gott Vater schien, wie alle Eltern, ein wenig blind gewesen zu sein.
Ich meine, während einem die Wirbelsäule mehrfach gebrochen wird, weil man eine Yogaübung gezeigt bekommt, weil man ja zu viel sitzt, da ist sicher Luft nach oben im Hier und Jetzt, aber im Garten Eden was zu meckern finden, das kann nur der Mensch im Entwurfsstadium. Neulich im Garten Eden, als man eins war mit der Schöpfung, Teil der Natur und die Menschen die Unterschiede zwischen sich nicht kannten, da legte Gott sich kurz auf Ohr. Doch irgendwas muss ihn geweckt haben. Trat vielleicht auch im Paradies nach Sündenfall diese, wie ich sie nenne: „Verbotene elektronische Stille“ ein? Und wie auch in den modernen pandemischen Kinderzimmern die Antwort auf die Frage: „Was macht ihr denn da?“, ein schuldbeladenes: „NICHTS!“ folgt. Und wie schon zu Gotten´s Zeiten, erfolgte die Vertreibung aus dem Garten Eden oder in unsrem Fall, der Entzug von Bildschirmen jeglicher Art, stante pede. So taumeln heute, wie damals vertriebene Schuldige durch die Gegend mit ach so leeren Händen, wo einst the Paradies-Apple-I-Phone ruhte, und sie fragen sich allesamt, wie sie das nächste Mal ungeschoren davonkommen. Und wie kalt es ist in der irdischen Welt. Und so ein Feigenblatt, etwas voreilig kurz übergeworfen, wärmt nicht die Bohne und nicht die Feige. Jesus, bring endlich die bunten Eier, damit Frühling wird. Wenn doch nur endlich Sommer wäre!

Bitte erwähnen:
www.societyoffriends.de/_manuela_heider_de_jahnsen
kombinatrotweiss.de/illustrator/florentinejoop

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Erschienen in:
How to Art – 06. Apr. 2021